#8 Ableismus | Wie „positiv“ darf man ADHS betrachten?

In unserer 8. Folge sprechen wir über das Thema „Ableismus“. Der Begriff beschreibt eine (systematische) Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen. Obwohl das Thema zu politischen Debatten einlädt, wollen wir an dieser Stelle nicht in der Tiefe darauf eingehen. Vielmehr reflektieren wir, wie wir selbst über Menschen mit ADHS und unsere eigene Erfahrung sprechen.

Ableismus - Wie "positiv" darf man ADHS betrachten?

Höre dir die aktuelle Folge an:

Eine positive Darstellung von ADHS kann helfen, aber auch Schaden anrichten.

Eine positive Darstellung von ADHS kann mitunter sehr hilfreich für die Betroffenen sein.

Sie hilft, ein besseres Selbstbild zu entwickeln, Scham abzulegen und sich sein eigenes Verhalten zu verzeihen. ADHS ist keine Charakterschwäche, sondern eine Varianz in der menschlichen Rasse und man ist kein schlechter Mensch, wenn man betroffen ist.

Gleichzeitig kann eine solche Darstellung auch dazu führen, dass das externe Bild von ADHS zu einseitig dargestellt wird. Wenn der Leidensdruck ausgeklammert wird, fällt es den Betroffenen oft schwerer, Unterstützung oder Verständnis einzufordern.

Unsere Welt ist nicht auf ADHS ausgelegt

Ableismus betrifft ADHSler*innen in vielen Bereichen des Lebens.

Das hängt damit zusammen, dass das Umfeld häufig nicht auf die besonderen sensorischen Bedürfnisse oder Herausforderungen von ADHS Rücksicht nimmt. Beispielsweise in Supermärkten gestalten verschiedene Aspekte wie Musik, Werbung, wechselndes Sortiment oder Menschenmassen das Einkaufen für neurodivergente Menschen schwierig. Auch das Beharren auf Großraumbüros führt dazu, dass ein Mensch mit ADHS seine Arbeit mitunter schwerer erledigen kann, als seine nicht betroffenen Kolleg*innen und so Nachteile im Beruf bekommt.

Es wäre hilfreich, wenn hier eine größere Flexibilität salonfähig wäre. Die Möglichkeit, Aspekte des Lebens auch auf die Bedürfnisse neurodivergenter Menschen anzupassen, ohne die Person dafür zu verurteilen, würde viel Frust und Scham verhindern.

Die Darstellung in Literatur und Film prägt die Wahrnehmung der Menschen

In Literatur und Film gibt es einige Figuren mit ADHS-Tendenzen, diese sind aber meistens nicht explizit als „ADHS“ benannt und fallen eher in den Bereich der Comedy. Geschichten über die Erfahrungen eines Lebens mit dieser Störung, der negativen Auswirkungen, Komorbiditäten o.Ä. sind eher selten.

Es bleibt zu hoffen, dass das Thema irgendwann von TikTok auf die Leinwand überschwappt und differenziert betrachtet wird. Bei Autismus ist dies teilweise schon der Fall.

2 Kommentare zu „#8 Ableismus | Wie „positiv“ darf man ADHS betrachten?“

  1. Das ist wieder ein spannendes Thema und ein guter Einblick für jemanden, der selbst kein ADHS hat, aber viel damit in Berührung kommt.
    Ableismus entsteht oft durch mangelndes Wissen und Unverständnis (wie die meisten -ismen). Das stelle ich immer wieder fest, je mehr ich mich mit ADHS befasse.
    Ich hatte nicht den Eindruck, dass ihr hier etwas Falsches gesagt habt – im Gegenteil, ihr habt die Thematik sehr gut und differenziert dargestellt.
    Der Vergleich mit der Augenfarbe, Körpergröße oder Sexualität bzw. eine Varianz des Seins ist eine gute Veranschaulichung. Weder besser noch schlechter, einfach anders.

    Gute Folge!

    1. Dass viele „-ismen“ durch mangelndes Wissen und Unverständnis führt bringt es sehr gut auf den Punkt.

      Eine Überlegung: Ich schätze, warum ich mit diesen Begriffen etwas hadere ist, dass es das Problem auf verschiedene Töpfe aufteilt und damit ein wenig impliziert, dass es außerhalb selbiger nicht existiert. Ja, wir sind sensibilisiert dafür, dass behinderte, queere, weibliche, schwarze etc. Menschen missverstanden und strategische Misshandlung erfahren (und das möchte ich hier nicht runterspielen!). Aber das heißt nicht, dass es nicht wichtig ist, diese Sensibilität bei Menschen außerhalb dieser Kompartments aufzubringen. Menschen sind kompliziert. Wir begegnen einander erst einmal immer mit mangelndem Wissen und Unverständnis.
      Meine Sorge ist es, dass wir vergessen, wie wichtig es ist, einander grundsätzlich zuzuhören und nicht nur, wenn die uns gegenüberstehende Lebenserfahrung einen passenden -ismus in der Welt hat.
      Dazu kommt noch, dass, selbst wenn man sich mit Themen wie ADHS auseinandersetzt (was schön und wichtig ist), jeder Mensch mit ADHS anders ist. Wie heißt es so schön? Kennt man einen Menschen mit ADHS, kennt man einen Menschen mit ADHS. :)

      Vielen Dank für dein Feedback. Es bedeutet uns immer viel, zu hören, dass wir was richtig gemacht haben.

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